Heterogenität und Differenzierung
„Gleichen Schritt und Tritt zu verlangen beachtet nicht die unterschiedliche Anstrengung für kleine und große Beine. Auch im Intellektuellen und Geistigen bedeuten Gleichschritt und Gleichtakt die Schwächung der Schwächeren und die Behinderung der Stärkeren.“ (Ruth Cohn, 1993)
Aspekte der Heterogenität sind z.B. die kulturelle und nationale Identität, der familiäre Kontext, Kenntnisse und Lernvoraussetzungen, Lernwege und Lernstrategien, das Lern- und Arbeitsverhalten, usw. Es gilt dieser Heterogenität durch differenzierende Maßnahmen auf der inhaltlichen, didaktischen, methodischen, sozialen und organisatorischen Ebene gerecht zu werden. Genau das meint der Begriff ‚Differenzierung‘.
Neues Schulgesetz
Im § 1 steht:
(1) Der Auftrag der Schule bestimmt sich aus dem Recht des jungen Menschen auf Förderung seiner Anlagen und Erweiterung seiner Fähigkeiten, unabhängig von seiner Religion, Weltanschauung, Rasse, …, einer Behinderung, seinem Geschlecht, …
(2) …Sie (die Schule) leistet einen Beitrag zur Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Alle Schulen wirken bei der Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit.
Neue Grundschulordnung 2008
Die Regelungen der Grundschulordnung (GO) werden im Hinblick auf den Auftrag des Schulgesetzes (SG) zur individuellen Förderung angepasst. Das betrifft insbesondere die Regelungen zur Leistungsbeurteilung:
– Senkung der schriftlichen Leistungsnachweise in Klassenstufen 3 und 4 auf 16 (6 in Mathe; 10 in Deutsch).
– Hälfte aller schriftlichen Leistungsnachweise individuell (in Bezug auf Zeitpunkt und Anforderungsniveau) möglich, um den unterschiedlichen Lerntempi gerecht zu werden.
– Die Art der Leistungsnachweise wird gemäß der Bildungsstandards und der Rahmenplanvorgaben aufgegliedert in die Kompetenzbereiche in Deutsch und Mathematik und auch in den Zeugnissen gesondert verbal erläutert.
– Statt des bisherigen Halbjahreszeugnisses im 2. Schuljahr wird ein protokolliertes Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräch eingeführt.
Teilnahme am Programm zur Pädagogischen Schulentwicklung seit 2011
Seit 2011 nimmt das Kollegium an einem Projekt zur Pädagogischen Schulentwicklung teil, das als Ziel die Entwicklung von Methoden-, Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie verstärkte Selbsttätigkeit im Fachunterricht hat.
Schwerpunktschule 2012
Die Integrationsschüler werden nach festgestelltem Förderbedarf nach dem Lehrplan der Schule mit dem entsprechenden Förderschwerpunkt unterrichtet. Für sie gelten die jeweiligen Versetzungsregeln und Zeugnisse der entsprechenden Schulart.
Da alle Schulen der gesetzlichen Forderung zur individuellen Förderung verpflichtet sind, ist es eine Chance der Schwerpunktschule, dass diese mit den zusätzlichen Förderlehrkräften Unterstützung bei der individuellen Förderung in Form von integrativer sonderpädagogischer Förderung vor Ort hat, wie sie anderen Schulen nicht zur Verfügung steht. Dies kommt allen Kindern zugute.
Schulbuchausleihe 2012
Im Rahmen der landesweit eingeführten Schulbuchausleihe wurden neue Unterrichtswerke in Deutsch und Mathematik angeschafft, die nun den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz der Länder entsprechen und kompetenzorientiertes Unterrichten ermöglichen.
Die neuen Bücher bieten ein umfangreiches Differenzierungsmaterial in Form von Arbeitshefen, Förderheften und Forderheften.
Das Verfahren der Ausleihe schreibt das Erstellen individueller Schulbuchlisten vor. Die Lehrer sollten deshalb im Vorfeld festlegen, welches Material der ‚Fördersituation‘ jedes einzelnen Schülers im folgenden Schuljahr voraussichtlich entspricht.
Konsequenzen für die Leistungsbeurteilung
Grundsätze:
1. Leistungsfeststellungen richten sich nach dem Grad des Erreichens von Lernanforderungen.
2. Jede Lernanforderung, die eine Lehrkraft stellt, muss das gesamte Notenspektrum ermöglichen.
3. Kinder müssen vor einer Lernanforderung die Kriterien der Bewertung kennen.
Fragen zur Leistungsbeurteilung
F: Können gruppenbezogene (Klasse, gleicher Zeitpunkt, gleiche Thematik) Leistungsnachweise auch differenziert erfolgen?
A: Ja, sie sind aber nicht mit individuellen (andere Aufgabe, Zeit, Dauer) Leistungsnachweisen zu verwechseln! Eine Arbeit kann z.B. verschieden schwierige Aufgaben zur Auswahl anbieten.
F: Wie sehen individuelle schriftliche Leistungsnachweise aus?
A: Sie können sich unterscheiden:
– Bewertungsmaßstab
– Anforderungsniveau
– Zeitpunkt der Erstellung und Dauer
– Umfang
– Etc.
F: Muss die Hälfte der Leistungsnachweise individuell (=Ersatzleistungen) sein?
A: Dies ist eine Kann-Bestimmung. Die Entscheidung muss sich konkret auf den Entwicklungsstand des einzelnen Kindes beziehen.
F: Gibt es Zeiträume, in denen individuelle Leistungsnachweise erbracht werden sollen?
A: Nein. Individuelle Leistungsnachweise richten sich nach dem individuellen Entwicklungsstand des einzelnen Kindes in einer Lerngruppe.
Diskussionen und weitere Erläuterungen
Zum Thema differenzierte Benotung
F: Können gruppenbezogene Leistungsnachweise differenziert erfolgen?
A: Ja. Die Versetzungsregelung bleibt davon unbeeinflusst. Weiterführende Schulen können erkennen welche Kompetenzen der Schüler erreicht hat.
F: Welche differenzierten Leistungsnachweise gibt es?
A: Die Normarbeit wird von den meisten Kindern der Klasse geschrieben. Für Forderkinder und Förderkinder gibt es differenzierte Arbeiten in denen der Unterrichtsstoff der letzten Wochen in leicht veränderter Form abgefragt wird. Z.B. kann ein Abschreibdiktat in der differenzierten Arbeit in kurze Abschnitte aufgeteilt sein, wo in der Normarbeit der Paragraph keine Unterbrechungen hat. Ein anderes Beispiel ist eine Mathearbeit über das kleine 1×1, wo die Aufgabe der Normarbeit 280 / 7 lautet, die Aufgabe in der differenzierten Arbeit aber 28 / 7. Forderkinder bekommen eine nach oben differenzierte Arbeit in der einige Aufgaben etwas kniffeliger sind wie die Aufgaben der Normarbeit.
F: Welche Aussagekraft haben die differenzierten Noten?
A: Das differenzierte Notensystem hat hohe Aussagekraft für Eltern und Lehrer und erlaubt den individuellen Förderbedarf der Kinder festzustellen und darauf einzugehen.
F: Wie gehen die weiterführenden Schulen mit den differenzierten Noten um?
A: Unterschiedlich. Die Integrierten Gesamtschulen ziehen aus Lostöpfen die auf Basis eines Notendurchschnitts gebildet werden. Wurde ein Kind ‚gelost‘, wird die verbale Beurteilung gelesen um sich ein Bild machen zu können welcher Forder- oder Förderbedarf das Kind im nächsten Schuljahr haben wird. Bei den Gymnasien werden die Noten und verbalen Beurteilungen der Fächer Mathematik, Deutsch und Sachkunde angesehen, besonders interessant sind auch die Beurteilungen zum Sozialverhalten und Lernverhalten.
Zum Thema Schwerpunktschule
F: Hat eine Schwerpunktschule zusätzlichen Personalbedarf?
A: Die Grundschule Hochspeyer bekommt von der ADD 2 zusätzliche Lehrkräfte bereitgestellt. Die zusätzlichen Lehrkräfte kümmern sich aber nicht ausschließlich um die Integrationskinder. Förderlehrer und pädagogisches Personal der Schule sind Ansprechpartner für alle Kinder. Eine der Förderlehrerinnen, Frau Glück, konnte am Informationsabend Einblicke in ihren Tätigkeitsbereich geben. Sie arbeitet zusammen mit den Lehrern der Schule, so werden z.B. Leistungsgruppen gebildet wo eine Gruppe von der Lehrerin betreut wird und eine andere Gruppe von Frau Glück. Sie beobachtet Kinder und empfiehlt Aktionen um Kinder im Normbereich zu halten. Desweitern gibt Sie Hilfestellung bei den differenzierten Maßnahmen (Leistungsnachweise, Förderpläne, etc.). Das extra Lehrpersonal kommt also allen Kindern zugute.
F: Hat ein Integrationskind langfristig einen Einfluss auf das Lernniveau der Klasse?
A: Die neuen Unterrichtsmethoden (Gruppenarbeit, Stationenarbeit, Wochenplan, Trainingsspiralen, Selbstkontrolle, eigene Zeiteinteilung, etc.) fördern eine gemeinsame Beschulung weil sie individuelle Förderung ohne Ausgrenzung erlauben. Stärken und Schwächen zeigen sich in einer heterogenen Gruppe. Das soziale Miteinander wird geschult und die Teamfähigkeit wird gestärkt. Schwache Schüler lernen von starken Schülern; Kompetenzen werden verlagert. Nach dem Schulgesetz müssen auch Integrationskinder auf Wunsch an einer regulären Grundschule unterrichtet werden. Die Schule hat keine Wahlmöglichkeit, jedoch wird eine Schwerpunktschule mit zusätzlichem Personal ausgestattet. Aus diesen Gründen wird die gemeinsame Beschulung nicht als nachteilig gesehen.
Neue Unterrichtsmaterialien und Hausaufgaben
F: Wie kann die Motivation Neues zu erlernen beim Kind erzeugt werden bevor eine Lernblockade einsetzt?
A: Die neuen Unterrichtsmaterialien sind darauf ausgelegt den Kindern den Spaß am Lernen zu zeigen. Förderhefte sind darauf ausgelegt den Kindern Erfolgserlebnisse zu geben die sich mit dem Unterrichtsgebiet schwer tun. Für Kinder die durch kniffelige Aufgaben motiviert werden gibt es Forderhefte. Ein Forderheft ist Zusatzmaterial, der Sprung zum regulären Arbeitsheft kann groß sein. Aufgaben daraus zu lösen ist also kein ‚muss‘.
F: Wie viel Hausaufgaben sind pädagogisch sinnvoll?
A: Für Kinder in der 1. Und 2. Klasse sind 30 Minuten Hausaufgaben pro Tag sinnvoll. Für Kinder der 3. Und 4. Klasse werden 60 Minuten am Tag als sinnvoll angesehen.